der Westen braucht Erdoğan
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Erdoğan an UN: „Verzeihung aber auf unserer Stirn steht nicht 'Depp'
geschrieben“ | DTZ News
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Nach Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hat nun auch der türkische
Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, den UN-Aufruf zur Grenzöffnung scharf
kritisiert.
„Liebe UN, wozu taugst du überhaupt? Wie hast du ein Land, das fast 10
Milliarden für Flüchtlinge ausgegeben hat, unterstützt? Mit 455 Millionen
Dollar! Es ist zum schämen! Verzeihung aber auf unserer Stirn steht nicht
„Depp“ geschrieben“, sagte Erdoğan in einer Rede vor dem Verband der
jungen Unternehmer „TÜGIK“.
2016-02-11-tugik-10Während die UN zu den Angriffen von Russland und
des Assad-Regimes schweige, starte es einen Aufruf an die Türkei. Der
UN-Aufruf zur Grenzöffnung sei eine einzige „Doppelmoral“, so Erdoğan.
Als die Flüchtlinge von Edirne mit Bussen nach Europa wollten, habe man
sie wieder zurückgeschickt. „Aber wenn es so ist, machen wir auch die
Türen auf und wünschen allen eine „gute Reise“. Der türkische Präsident
erinnerte daran: „Die Busse und Flugzeuge stehen nicht umsonst da.“
„Sie sehen sogar auf die Wertsachen der Flüchtlinge ab“
Türkei habe bisher nicht „in Erwartung einer UN-Unterstützung“ 9
Milliarden US-Dollar für Flüchtlingshilfe ausgegeben, sagte der türkische
Präsident weiter. Dies sei die türkische Gastfreundschaft. „Unsere
Zivilisation ist eine Zivilisation der Barmherzigkeit, unsere größte Tradition
ist Gastfreundschaft“. In Europa werde man Zeuge davon, wie rassistische
Strömungen die Flüchtlingspolitik bestimmen: „Sie sehen sogar auf die
Wertsachen der Flüchtlinge ab“, so Erdoğan.
Erdoğan bestätigte zudem den Inhalt eines Transkriptes, das durch eine
griechische Nachrichtenseite veröffentlicht wurde und besonders in
europäischen Medien im „Skandalformat“ Beachtung fand. Das Dokument
ist eine vierseitige Zusammenfassung des Gesprächs zwischen Erdoğan,
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald
Tusk am Rande des G 20-Gipfels in Antalya.
Erdoğan: „Wie können Sie damit ankommen?“
„Einige versuchen durch zuspielen von Gesprächsprotokollen uns
anzugreifen. Ihr habt bestimmt gelesen, was wir dort gemacht haben sollen.
Wir haben die Rechte der Flüchtlinge und unseres Landes verteidigt. Diese
Veröffentlichung ist nichts wofür wir uns schämen müssen, es ist ein uns
entlastendes Dokument“, sagte Erdoğan zu dem veröffentlichten
Dokument.
Die Frankfurter Rundschau schreibt, dass Erdoğan laut dem
Gesprächsprotokoll für die syrischen Flüchtlinge drei Milliarden Euro
jährlich gefordert habe. Brisant sind zudem weitere Gesprächsinhalte
zwischen Juncker und Erdoğan. Als Juncker laut dem Gesprächsprotokoll
gesagt haben soll, dass der EU-Fortschrittsbericht auf Erdoğan Wunsch hin
zurückgehalten worden sei, habe Erdoğan gesagt, dass der Bericht „eine
Beleidigung“ war. „Wer hat ihn überhaupt zusammengestellt? Wie können
Sie damit ankommen?“, habe er Juncker gefragt. Die Verschiebung des
EU-Fortschrittsberichts habe den Wahlsieg seiner konservativ-
demokratischen Regierungspartei „AK-Partei“ gar nicht beeinflusst.
„Ich repräsentiere kein Dritte-Welt-Land.“
Als Juncker zudem betont haben soll, dass Brüssel die Türkei wie einen
Prinzen behandelt habe, habe Erdoğans Antwort gelautet:„Wie einen
Prinzen? Natürlich, ich repräsentiere kein Dritte-Welt-Land.“ Weiter
schreibt die Frankfurter Rundschau, dass Erdoğan sich zudem mokiert
habe, dass Junckers Heimatland Luxemburg „gerade mal die Größe einer
mittelgroßen, türkischen Stadt“ habe.
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Davutoğlu weist UN in die Schranken: „Keine Belehrung nötig”
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Bei seinem Besuch in den Niederlanden ist dem türkischen
Ministerpräsidenten Davutoğlu endgültig der Kragen geplatzt. Nach den
wiederholten Forderungen aus Richtung der UN und der EU, die Türkei
solle ihre Grenzen zu Syrien öffnen, bezeichnete er die Forderungen als
„doppelmoralisch“ und wies mit scharfen Worten die UN zurecht.
„Ich betrachte es als eine Doppelmoral, dass ausgerechnet jene, die fast gar
nichts für eine Lösung der Syrienkrise beigetragen haben, die UN mit
eingeschlossen, und jene, die Russland nicht ‘es reicht’ sagen können, nun
sich zur Türkei wenden und sagen ‘macht die Türen auf’“ sagte Davutoğlu
in der gemeinsamen Presseerklärung mit dem niederländischen
Ministerpräsidenten Mark Rutte.
Bei diesem Thema brauche die Türkei von keinem Ratschläge oder
Belehrungen. Türkei habe keinen gefragt, als sie 2,6 Millionen syrische
Flüchtlinge aufgenommen habe, und werde es auch im Falle der 60 000
Flüchtlinge nicht tun. Türkei sorge sich auch aktuell um jeden
ankommenden Flüchtling und werde ihrer Verantwortung gerecht, so
Davutoğlu weiter.
Türkei baut ihre Flüchtlingscamps rund einen Kilometer vor der eigenen
Grenze aus. Seit Tagen werden ununterbrochen Baumaterial, Hilfsgüter
und Nahrungsmittel geliefert. Verletzten Flüchtlingen wird Einlass gewährt.
Sie werden in türkischen Krankenhäusern behandelt.
Mit Blick auf die mangelnde internationale Aufnahmebereitschaft für
Flüchtlinge, sagte der türkische Ministerpräsident: „Die, die nicht ihrer
Verantwortung gerecht werden, haben kein Recht die Türkei zu belehren“.
In der Tat sind außer Deutschland, nur wenige Staaten bereit Flüchtlinge
aufzunehmen. Die Türkei hat bisher über 2,6 Millionen Syrer
aufgenommen. Allein kleine türkische Grenzstädte wie Kilis, haben
mittlerweile mehr Flüchtlinge aufgenommen, als viele europäische Staaten
insgesamt.
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Nicht nur Merkel, der Westen braucht Erdoğan
Avni Bilgin
„Erdoğans gescheiterte Syrienstrategie“, hieß es seit Jahren regelmäßig aus
den Redaktionsstuben westlicher Medien. Der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdoğan habe sich verzockt, er sei auf ganzer Linie gescheitert, so
die von einer insgeheimen Schadenfreude begleiteten Vorwürfe an die
Türkei.
Doch jener Putin, dem der Westen in Syrien mit der Gelassenheit eines
Popcorn essenden Kinobesuchers zuschaute, katapultiert nun den Westen
wieder zurück in die Realität. Während er die moderate Opposition
angreift, zehntausende Zivilisten in die Flucht in Richtung Europa
wegbombt, mit einer Militärpräsenz, die das bis dahin mit dem Rücken zur
Wand stehende syrische Regime zum Moskauer Vasallenstaat aufbaut,
degradiert er zugleich die Anti-IS Allianz zum Handlanger des russischen
Machtbestrebens in Syrien. Ein Totalversagen westlicher Syrienpolitik!
Merkels Besuch in Ankara ist nichts anderes, als der klägliche Versuch,
einen Teil der Folgen dieses Totalversagens, für die EU so niedrig wie
möglich zu halten. Sie besuchte einen türkischen Präsidenten, der lange
bevor Daesh oder Putin begonnen hatten Zivilisten in die Flucht nach
Europa zu bomben, auf internationalem Parkett vergeblich um die
Einrichtung einer „Sicherheits- und Flugverbotszone“ in Syrien warb – um
die Flüchtlinge in Syrien versorgen zu können. Während die moderate
Opposition unterstützt werden sollte, würde Ankara im Eiltempo ganze
neue Städte in Nordsyrien hochziehen, so die interessante Idee aus Ankara.
Damit wären die Flüchtlinge nicht mehr gezwungen in die Türkei und den
Westen weiterzuziehen und die moderate Opposition könnte sich mit
eigenen Kämpfern erfolgreich gegen Assad und Daesh behaupten. Und
Putin hätte sich nicht als quasi Kolonialherr in Syrien niederlassen können.
Diese Syrienstrategie der Türkei, einem vom Bürgerkrieg in Syrien
betroffenem Nachbarstaat, der leise und ohne große Diskussionen
Millionen von syrischen Flüchtlingen aufnahm, prallte jedoch an der
„westlichen Mauer von verschiedenen Interessen“ ab.
Mit dem Flüchtlingsstrom aus dem Nahen Osten wird nun sichtbar, wie
bröckelig die westliche Interessensmauer gebaut ist. Ein Mörtelkonsistenz
dessen Zusammensetzung nicht auf die Interessen der einheimischen
Bevölkerung beruht, sondern auf die perfide Machterhaltungsstrategie des
syrischen Diktators, die demokratische Opposition zu „religiösen
Fundamentalisten“ wie Daesh, zu verklären.
Eine Folge dieser perfiden Strategie war und ist noch die Rehabilitierung
aller, die behaupten sie würden gegen Daesh kämpfen. Während ein
Haufen von zweifelhaften Regimes wie Moskau und Teheran oder
Terrororganisationen wie PKK und Hisbollah, die nichts mit der
ursprünglichen Intention eines demokratischen Syriens zu tun haben, zu
Partnern des Westens erklärt wurden, wurden die Freie Syrische Armee
(FSA) und andere moderate Kräfte fallen gelassen.
Westliche Politiker sprachen von einer Unterstützung eines unabhängigen
PKK-Staates in Nordsyrien oder der „Aufwertung“ Irans als Gegengewicht
zu den sunnitischen Staaten in der Region. Dabei blieben wieder jene
Interessen der großen Mehrheit der sunnitischen Araber unberücksichtigt.
Diese Menschen, die man nun im Westen nicht einmal als Flüchtlinge
haben will, sind Opfer des Daesh-Terrors, Opfer des PKK-Terrors, Opfer
des Assad-Terrors und Opfer der russischen Bombenangriffe.
Hätte der Westen Erdoğans Strategie, die konsequente „Unterstützung der
moderaten Opposition“ und die Einrichtung einer „Sicherheits- und
Flugverbotszone“ umgesetzt, hätte weder Russland, wie heute geschehen,
Syrien faktisch aus der westlichen Einflusssphäre rausschmeißen können,
noch gäbe es eine Konfrontation mit Flüchtlingsströmen diesen Ausmaßes.
Der Westen hat mit der reflexartigen Ablehnung des türkischen Vorschlages
nicht nur eines der realistischsten Lösungsvorschläge ins Leere laufen
lassen, sie hat sich damit selber zum Scheitern verurteilt. Merkel braucht
die Türkei, hieß es in den Medienberichten mit Blick auf die
Flüchtlingskrise. Angesichts der neuen geopolitischen Lage in Syrien ist
diese Feststellung eher untertrieben. Nicht nur Merkel, sondern der Westen
braucht die Türkei nun mehr denn je.
Avni Bilgin
Der Autor, geb. 1976 in Essen, ist Gründer und Chefredakteur der
Deutsch-Türkischen-Zeitung.
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Karnevalswagen: Ist erfundene Anti-Erdoğan-Propaganda noch Satire
Yasin Baş
In Düsseldorf wurde der Karnevalsumzug zwar wegen einer Sturmwarnung
abgesagt, ein Mottowagen, das vor dem Rathaus steht, sorgt dennoch für
diplomatische Spannungen: Der 52-jährige Düsseldorfer Illustrator Jaques
Tilly, der dafür bekannt ist, politische Karnevalswagen zu kreieren, zeigt
den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan, wie er gemeinsam mit dem
vermeintlichen Terrorchef der ISIS auf den Kampf gegen das kurdische
Volk anstößt. Es ist nicht klar verständlich, ob beide das Blut des
kurdischen Volkes trinken oder ein anderes rotes Getränk, womit ihre
Mundpartien bereits befleckt sind. Die Düsseldorfer Generalkonsulin der
Republik Türkei, Şule Gürel, verlangte bereits nach Berichten der
„Rheinischen Post“, dass der Karnevalswagen entfernt wird.
Natürlich gehört Humor und Satire zum Karneval dazu. Etwas
problematisch ist es jedoch dann, wenn „künstlerische Darstellungen“ dazu
dienen könnten, ethnische Konflikte zu befeuern oder gar zu provozieren.
In der heutigen Zeit, wo deutsche Innenpolitik zugleich auch türkische
Außenpolitik oder türkische Innenpolitik deutsche Außenpolitik sein kann,
wo die innere Sicherheit eines Staates zum Teil auch mit der Sicherheit des
anderen Landes verbunden ist, sollten „Kunstwerke“ auch immer mit
Bedacht ausgesucht werden.
Kurden gehören zur Türkei
Der Karnevalswagen von Jaques Tilly ist, um es mild auszudrücken, an
Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten. Es ist für viele Türken nicht zu
akzeptieren, dass seit Jahren mit Nachdruck ein falsches Bild erweckt wird
und die Türkei angeblich einen Krieg gegen das kurdische Volk führe. Die
Mehrheit der Türken blickt mit Zuversicht und Harmonie auf die Kurden.
Es gibt seit Jahrhunderten verwandtschaftliche Beziehungen, die sich
weder durch Ideologien noch durch Waffen unterbinden lassen werden.
Kurden können in der Türkei wie alle anderen ethnischen Minderheiten,
jedes Staatsamt bekleiden. Kurdische Fußballspieler, Musiker und
Geschäftsleute tragen mit erheblichem Maß zum Erfolg der Türkei bei.
Kurden, Turkmenen, Lazen, Tscherkesen, Roma, Armenier, Pontos-
Griechen usw. gehören alle unweigerlich zur Türkei. Nur mit ihnen
zusammen kann es Frieden in der Region geben.
Innere Sicherheit und Freiheit der Bürger/innen geht vor
Hier wird eher der Eindruck erweckt, dass es vielmehr darum geht, die
Eintracht unter Kurden und Türken zu stören. Die türkischen
Sicherheitsbehörden befinden sich seit über 30 Jahren mit einer
bewaffneten Terrororganisation, der so genannten PKK, im Krieg. Bei der
PKK handelt es sich mitnichten um „Kurden“ oder eine „Arbeiterpartei“.
Die PKK ist eine multiethnische Terrorgruppe, die vorgibt, für die Rechte
einer bestimmten ethnischen Volksgruppe zu kämpfen. Die Mehrheit der
Kurden in der Türkei betrachtet die PKK, ebenso wie die Europäische
Union, USA und Deutschland, als eine Terrororganisation und verwehrt
sich auch dagegen, sich von ihr vertreten zu lassen. Es ist ferner das Recht
jedes Staates die eigene Bevölkerung gegen jedwede terroristische
Handlung zu schützten und die öffentliche Sicherheit widerherzustellen.
Maßnahmen zur inneren Sicherheit und Freiheit der Bevölkerung, die in
Paris oder Brüssel keine Diskussionen auslösen, sollten, wenn man
aufrichtig ist, auch in Ankara, Istanbul, Diyarbakir, Sur und Cizre keine
Schwierigkeit darstellen.
Es gibt keinen „guten“ oder „bösen“ Terror
Die Bewertung von Terrororganisationen nach „gut“ und „böse“, nach
„nützlich“ und „wertlos“ ist eine niederträchtige Eigenschaft von
bestimmten „Künstlern“, „Journalisten“ und „Experten“, die sich nach
einer perfiden Denkweise leiten und instrumentalisieren lassen und
möglicherweise gar nicht merken, dass sie dadurch einen Keil zwischen
zwei Gruppen treiben.
Narrenfreiheit in der fünften Jahreszeit sollte sich an Tatsachen orientieren
Die Türkei gehört zu den ersten Staaten, die die so genannte ISIS als
Terrororganisation eingestuft hat. Den Chef dieser abscheulichen
Terrorgruppe, die bereits mehrere Anschläge in der Türkei verübt und
zahlreiche türkische Bürger auf dem Gewissen hat, in Freundschaft mit
dem Staatspräsidenten der Türkei darzustellen, ist, um es mit den eigenen
Worten von Jaques Tilly zu sagen: ein „böses politisches Spiel“. Es
entspricht nicht der Wahrheit. Auch wenn Karneval ist: Narrenfreiheit
sollte sich schon an Tatsachen orientieren.
Yasin Baş
Yasin Baş ist Politologe, Historiker, Autor und freier Journalist. Zuletzt
erschienen seine Bücher: „Islam in Deutschland – Deutscher Islam?” sowie
„nach-richten: Muslime in den Medien”.
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Karnevalswagen: Ist erfundene Anti-Erdoğan-Propaganda noch Satire
Yasin Baş
In Düsseldorf wurde der Karnevalsumzug zwar wegen einer Sturmwarnung
abgesagt, ein Mottowagen, das vor dem Rathaus steht, sorgt dennoch für
diplomatische Spannungen: Der 52-jährige Düsseldorfer Illustrator Jaques
Tilly, der dafür bekannt ist, politische Karnevalswagen zu kreieren, zeigt
den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan, wie er gemeinsam mit dem
vermeintlichen Terrorchef der ISIS auf den Kampf gegen das kurdische
Volk anstößt. Es ist nicht klar verständlich, ob beide das Blut des
kurdischen Volkes trinken oder ein anderes rotes Getränk, womit ihre
Mundpartien bereits befleckt sind. Die Düsseldorfer Generalkonsulin der
Republik Türkei, Şule Gürel, verlangte bereits nach Berichten der
„Rheinischen Post“, dass der Karnevalswagen entfernt wird.
Natürlich gehört Humor und Satire zum Karneval dazu. Etwas
problematisch ist es jedoch dann, wenn „künstlerische Darstellungen“ dazu
dienen könnten, ethnische Konflikte zu befeuern oder gar zu provozieren.
In der heutigen Zeit, wo deutsche Innenpolitik zugleich auch türkische
Außenpolitik oder türkische Innenpolitik deutsche Außenpolitik sein kann,
wo die innere Sicherheit eines Staates zum Teil auch mit der Sicherheit des
anderen Landes verbunden ist, sollten „Kunstwerke“ auch immer mit
Bedacht ausgesucht werden.
Kurden gehören zur Türkei
Der Karnevalswagen von Jaques Tilly ist, um es mild auszudrücken, an
Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten. Es ist für viele Türken nicht zu
akzeptieren, dass seit Jahren mit Nachdruck ein falsches Bild erweckt wird
und die Türkei angeblich einen Krieg gegen das kurdische Volk führe. Die
Mehrheit der Türken blickt mit Zuversicht und Harmonie auf die Kurden.
Es gibt seit Jahrhunderten verwandtschaftliche Beziehungen, die sich
weder durch Ideologien noch durch Waffen unterbinden lassen werden.
Kurden können in der Türkei wie alle anderen ethnischen Minderheiten,
jedes Staatsamt bekleiden. Kurdische Fußballspieler, Musiker und
Geschäftsleute tragen mit erheblichem Maß zum Erfolg der Türkei bei.
Kurden, Turkmenen, Lazen, Tscherkesen, Roma, Armenier, Pontos-
Griechen usw. gehören alle unweigerlich zur Türkei. Nur mit ihnen
zusammen kann es Frieden in der Region geben.
Innere Sicherheit und Freiheit der Bürger/innen geht vor
Hier wird eher der Eindruck erweckt, dass es vielmehr darum geht, die
Eintracht unter Kurden und Türken zu stören. Die türkischen
Sicherheitsbehörden befinden sich seit über 30 Jahren mit einer
bewaffneten Terrororganisation, der so genannten PKK, im Krieg. Bei der
PKK handelt es sich mitnichten um „Kurden“ oder eine „Arbeiterpartei“.
Die PKK ist eine multiethnische Terrorgruppe, die vorgibt, für die Rechte
einer bestimmten ethnischen Volksgruppe zu kämpfen. Die Mehrheit der
Kurden in der Türkei betrachtet die PKK, ebenso wie die Europäische
Union, USA und Deutschland, als eine Terrororganisation und verwehrt
sich auch dagegen, sich von ihr vertreten zu lassen. Es ist ferner das Recht
jedes Staates die eigene Bevölkerung gegen jedwede terroristische
Handlung zu schützten und die öffentliche Sicherheit widerherzustellen.
Maßnahmen zur inneren Sicherheit und Freiheit der Bevölkerung, die in
Paris oder Brüssel keine Diskussionen auslösen, sollten, wenn man
aufrichtig ist, auch in Ankara, Istanbul, Diyarbakir, Sur und Cizre keine
Schwierigkeit darstellen.
Es gibt keinen „guten“ oder „bösen“ Terror
Die Bewertung von Terrororganisationen nach „gut“ und „böse“, nach
„nützlich“ und „wertlos“ ist eine niederträchtige Eigenschaft von
bestimmten „Künstlern“, „Journalisten“ und „Experten“, die sich nach
einer perfiden Denkweise leiten und instrumentalisieren lassen und
möglicherweise gar nicht merken, dass sie dadurch einen Keil zwischen
zwei Gruppen treiben.
Narrenfreiheit in der fünften Jahreszeit sollte sich an Tatsachen orientieren
Die Türkei gehört zu den ersten Staaten, die die so genannte ISIS als
Terrororganisation eingestuft hat. Den Chef dieser abscheulichen
Terrorgruppe, die bereits mehrere Anschläge in der Türkei verübt und
zahlreiche türkische Bürger auf dem Gewissen hat, in Freundschaft mit
dem Staatspräsidenten der Türkei darzustellen, ist, um es mit den eigenen
Worten von Jaques Tilly zu sagen: ein „böses politisches Spiel“. Es
entspricht nicht der Wahrheit. Auch wenn Karneval ist: Narrenfreiheit
sollte sich schon an Tatsachen orientieren.
Yasin Baş
Yasin Baş ist Politologe, Historiker, Autor und freier Journalist. Zuletzt
erschienen seine Bücher: „Islam in Deutschland – Deutscher Islam?” sowie
„nach-richten: Muslime in den Medien”.
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Syrien: Russische Angriffe lösen Flüchtlingswelle nach Türkei aus | DTZ
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Die russischen Luftangriffe gegen die Zivilbevölkerung in Aleppo treiben
zehntausende Menschen in die Flucht in Richtung Türkei. Süleyman
Tapsız, Gouverneur der türkischen Provinz Kilis spricht von “70 000 und
mehr” Flüchtlingen.
Schätzungsweise 35 000 Menschen seien in den letzten 24 Stunden von
den russischen Luftangriffen geflohen und würden bald die türkische
Grenze erreichen, sagte Tapsız der Nachrichtenagentur “Anadolu”.
Staatliche und zivile Hilfsorganisationen wie der rote Halbmond, AFAD
und IHH würden mit Hochdruck die Hilfen koordinieren. “Wir haben in
den letzten drei Jahren 8 Flüchtlingslager auf der syrischen Seite der
Grenze aufgebaut, wo wir aktuell 60 000 Menschen versorgen. Heute, mit
Beginn der neuen Flüchtlingswelle, haben wir mit dem Bau des neunten
Flüchtlingslagers begonnen”, sagte Tapsız weiter.
Man habe schon am ersten Tag 10 000 Flüchtlinge in bezugsfertige Zelte
untergebracht. In Zusammenarbeit mit der türkischen Hilfsorganisation
IHH versorge die Provinzregierung in Kilis 20 000 Menschen mit warmen
Mahlzeiten. Gleichzeitig versorge die IHH durch ihr Logistikzentrum 100
000 Menschen mit Nahrung und sei auf die Herausforderung vorbereitet.
Die an der Grenze ankommenden Flüchtlinge würden mit Unterkunft und
Verpflegung versorgt.
“Russland muss seine Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung einstellen”
sagte Tapsız. Diese seien für die Massenflucht verantwortlich. Zuvor
sprach der türkische Ministerpräsident vom „schwersten und gefährlichsten
Angriff auf Aleppo“ seit fünf Jahren und forderte die USA dazu auf, gegen
Russlands Offensive Stellung zu beziehen.
Kilis ist fünf Kilometer von der türkisch-syrischen Grenze entfernt. In der
Provinzhauptstadt leben bereits jetzt mehr Flüchtlinge als alteingesessene
Einwohner.
2016-02-11-tugik-01